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Europa in der Welt Migration und Rechtsstaat Schweiz

Hongkong: Schweiz und EU sollten dem britischen Vorbild folgen.

Grossbritannien bietet der Hälfte der Einwohnerinnen Hongkongs eine britische Aufenthaltsbewilligung an. Das Land benutzt damit eine der besten Waffen im Arsenal einer Demokratie gegen einen totalitären Staat: Die Macht der Freiheit.

Die relative Freiheit und Unabhängigkeit Hongkongs ist vorbei. Das neue chinesische “Sicherheitsgesetz” ermächtigt die Behörden, Protestierende für Jahre wegzusperren. Gegnerinnen der Parteilinie werden unterdrückt.

Für liberale Demokratien in Europa ist diese Entwicklung doppelt besorgniserregend. Erstens verlieren mehr als sieben Millionen Menschen ihre Freiheiten. Zweitens verlieren sie diese an die immer totalitärer und aggressiver auftretende Grossmacht China. 

Europa tut sich schon schwer genug mit seinen Beziehungen zu China. Nicht einmal in Bezug auf die Unterdrückung der Uiguren konnte sich Europa auf eine starke Reaktion einigen. Und in wirtschaftlicher Hinsicht versteckt man sich – vor allem in der Schweiz – gerne hinter der fadenscheinigen Annahme, dass China ein normaler Marktakteur sei, statt systemischer Rivale

Nun also Hongkong. Wieder wissen liberale Demokratien nicht, wie reagieren: Militärisch? Zu riskant. Ein streng formulierter Brief an Xi Jinping? Macht sich gut im Papierkorb der Parteizentrale. Ökonomische Sanktionen? Sind kostspielig und bergen das Risiko, dass die betroffene Bevölkerung noch mehr leidet als ohnehin schon.

Auf alle diese Strafmassnahmen kann das chinesische Regime reagieren, vielleicht sogar besser als Europa. Doch liberale Demokratien haben eine Waffe, auf die ein totalitärer Staat keine Antwort hat: Die Ermöglichung eines Lebens in Freiheit.

Diese Waffe hat Grossbritannien nun gezückt. Die britische Regierung bietet etwa der Hälfte der Hongkonger Bevölkerung (jene, die als britische Übersee-Bürgerinnen gelten) das britische Aufenthaltsrecht und später die Einbürgerung an. Das ist aus humanitärer Sicht zu begrüssen und es macht strategisch Sinn. Jede einzelne Hongkongerin, die ihre Heimat nach der Machtübernahme Pekings verlässt, ist eine Verurteilung des Regimes. Jeder Rücken, der Pekings Vasallenstaat gekehrt wird, nagt an Pekings Autorität.

Die Schweiz und die EU sollten dem britischen Vorbild folgen und den Bewohnerinnen und Bewohnern Hongkongs ein Leben in Freiheit ermöglichen. Kaum eine Tat würde den Unterschied zwischen dem chinesischen Regime und dem Anspruch Europas besser sichtbar machen: In China dient der Mensch der Entfaltung des Staats. In Europa soll der Staat der Entfaltung des Menschen dienen.

Die Tage der staatlichen Unabhängigkeit Hongkongs sind gezählt. Die Freiheit seiner Bewohnerinnen ist noch zu retten.

PS: Im Hauptstadt-Bericht werde ich mich in Zukunft detaillierter mit den geopolitischen Herausforderungen Europas auseinandersetzen. Aus aktuellem Anlass habe ich die Publikation dieses Artikels nun vorgeholt.