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Digitales Europa in der Welt

Interview mit Andreas Schwab (CDU) zum Digital Markets Act

Der designierte Rapporteur des europäischen Parlaments für den Digital Markets Act (DMA) spricht über den Regulierungsvorschlag und die Kritik daran.

Digital Markets Act

Im Dezember 2020 präsentierte die EU-Kommission den Digital Services Act und den Digital Markets Act zur Regulierung digitaler Plattformen. Dieser Beitrag bietet eine Übersicht der vorgeschlagenen Regulierungen. Der Digital Markets Act richtet sich an die grössten Plattformen und versucht, deren Macht einzugrenzen.

Die Diskussion zum Digital Markets Act kommt nun ins Parlament und in den EU-Rat. In diesem Interview spreche ich mit dem designierten Parlamentsrapporteur für den Digital Markets Act – dem deutschen Europa-Parlamentarier Andreas Schwab. Der CDU-Politiker erzählt, weshalb es den Digital Markets Act seiner Meinung nach braucht und wie er persönlich zu verschiedenen Kritikpunkten steht.

Weshalb sah die EU-Kommission die Notwendigkeit, eine neue Regulierung für die digitalen Plattformen vorzuschlagen?

Im digitalen Markt haben sich oligopolistische Strukturen entwickelt. Diese Frage steht schon lange im Raum. Das europäische Parlament hat bereits im November 2014 einen entsprechenden Entschluss gefasst. Darin wurde die EU-Kommission aufgefordert, alle Massnahmen anzuwenden, die das bereits bestehende Wettbewerbsrecht der EU bietet, um den Internetgiganten an denjenigen Stellen entgegenzutreten, an denen sie marktbeherrschend sind. Jetzt haben wir immerhin sechs Jahre warten müssen, bis die Kommission mit einem entsprechenden Vorschlag gekommen ist. Dieser Vorschlag ist notwendig, weil die “ex post”-Verfolgung von wettbewerbswidrigem Verhalten im digitalen Zeitalter zu langsam ist . Die sogenannten Lock-in-Effekte und die Netzwerkeffekte sind zu gross und geschehen zu schnell, als dass eine nachfolgende Rechtsdurchsetzung noch ausreichend Sinn macht. Deshalb haben wir es hier mit sogenannten “ex ante”-Regeln des Wettbewerbsrechts zu tun. Die beziehen sich ausschliesslich auf den Binnenmarkt und sollen dafür sorgen, dass die Internetgiganten gar nicht erst so gross werden können und keine wettbewerbswidrigen Praktiken mehr an den Tag legen dürfen.

Bevor aus dem Vorschlag eine Regulierung wird, müssen EU-Parlament und EU-Rat sich auf eine Version einigen. Nun sind Sie der Rapporteur des EU-Parlaments für dieses Geschäft. Was ist Ihre Aufgabe als Parlamentsrapporteur?

Meine Aufgabe ist es, zuerst einmal deutlich zu machen, dass das europäische Parlament die Kommission schon seit Jahren dazu drängt, hier tätig zu werden. Denn wir haben in Europa, aber auch in der Schweiz, durch diese oligopolistischen Strukturen eine Vielzahl von Schäden zu beklagen. Sie haben viele mittelständische Unternehmen zerstört, die sich auf eine Multi-Channel-Strategie eingelassen haben: Ergebnisse, die bei der Suche im Internet hätten gezeigt werden können, wurden versteckt, weil die eigenen Angebote [der Plattformen] privilegiert wurden. Sie haben auch erhebliche Schäden bei den Verbrauchern hervorgerufen, deren Daten sie so nutzen, dass die Plattformbetreiber ihre eigenen Gewinne erhöhen, ohne dass die Verbraucher für die Weitergabe ihrer Daten in irgendeiner Form entschädigt würden. Häufig ist es auch noch verdeckt geschehen. Also die Schäden für die Gesamtgesellschaft sind hoch. Natürlich stehen diesen Schäden auch gewisse Innovationen entgegen. Die grossen Konzerne haben viel investiert in die Cloud, in Suchmaschinen, in Algorithmen, in künstliche Intelligenz. Aber wir glauben, dass die grossen Konzerne der Welt immer fetter geworden sind, ohne entsprechend auch besser zu werden. Und das muss sich ändern im Interesse unserer Volkswirtschaften und im Interesse eines fairen Welthandels. Darauf wird das Parlament achten und deshalb müssen wir ganz anders als der Rat etwas Druck machen, damit wir an manchen Stellen noch etwas härter werden mit den Massnahmen.

Im Digital Markets Act geht es darum, die grossen Plattformen stärker zu regulieren und sie in ihrer Macht einzudämmen. Die grössten Plattformen werden als sogenannte Gatekeeper definiert. Im aktuellen Entwurf sollte deren Macht auf unterschiedliche Art und Weise eingeschränkt werden. So werden sie zum Beispiel in der Nutzung der Daten, die sie sammeln, eingeschränkt. Sie dürfen diese Daten nicht nutzen, um gegen ihre Unternehmenskunden in den Wettbewerb zu treten. Zudem müssen sie ihre Plattformen für andere Unternehmenskunden interoperabel machen. Haben Sie in den Wochen, in denen Sie jetzt Parlamentsrapporteur sind, schon Punkte identifizieren können, bei denen das Parlament Änderungsbedarf sieht?

Die Rapporteursposition wird sich erst im März ergeben, wenn das europäische Parlament den Vorschlag formal dem Binnenmarktausschuss zuweist. Es wird noch ein bisschen dauern, bis das europäische Parlament eine endgültige Entscheidung trifft, welcher Ausschuss zuständig ist. Und wenn dies geschehen ist, dann gehts richtig los. Aber natürlich habe ich mir schon vorher Gedanken darüber gemacht. 

Wir sollten zunächst mal positiv über den Vorschlag der Kommission sprechen, der ja auch nicht ohne interne Diskussionen entstanden ist. Natürlich gibt es in Europa verschiedene Zielvorstellungen. Der französische Weg ist, stärker in den Markt einzugreifen. Der deutsche oder vielleicht auch der schweizerische Weg wäre, etwas mehr Liberalität walten zu lassen. Trotzdem sind sich beide Wege einig, dass es so wie heute nicht weitergehen kann. Die Frage ist eigentlich nur, wie wir es besser hinbekommen. Und da, glaube ich, muss der Vorschlag der Kommission noch etwas nachgeschärft werden. Wir sollten beispielsweise strukturelle Massnahmen wie die Zerschlagung bei den grössten Unternehmen der Welt weiterhin auf dem Tisch lassen. Wir sollten auch die Geschwindigkeit der Anwendung des Digital Markets Act erhöhen. Es müssen keine sechs Monate vergehen, bevor ein Gatekeeper auch als Gatekeeper agieren muss. Solche Positionen im Markt fallen ja nicht vom Himmel, die entwickeln sich über Jahre. Das heisst, wenn ein Unternehmen diese Grösse erreicht hat, kann man die rechtlichen Konsequenzen, die sich aus dem Digital Markets Act ergeben, auch sofort anwenden und nicht erst nach sechs Monaten. Und drittens werden wir bei der Vielzahl der Regelungen, welche die Kommission einzeln als Handlungsvorgaben für die Grossunternehmen des digitalen Markts vorgeschlagen hat, ein bisschen mehr regelbasierte Elemente einbeziehen müssen. Bisher ist alles sehr beispielhaft aufgezählt auf Basis der Verfahren, die die EU-Kommission eingeleitet und erfolgreich abgeschlossen hat. Wir müssen da noch mehr allgemeine Überlegungen einbeziehen. 

In der Schweiz habe ich auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Digital-Wirtschaft gesprochen. Da hörte ich die Kritik, dass diese Regulierung eine Überreaktion der EU sei. Weil die EU es nicht schaffe ein Marktumfeld herzustellen, das die Entwicklung eigener grosser Digitalkonzerne ermöglicht, lege sie halt den amerikanischen Konzernen Fesseln an. Was sagen Sie zu dieser Kritik?

Ich halte diese Kritik ein Stück weit falsch und naiv. Interessant ist ja, dass im Jahr 2014 der entscheidende Anstoss für eine Regulierung digitaler Plattformen durch die EU nicht von europäischen Unternehmen kam, sondern von amerikanischen. Was wir hier beobachten – und ich weiss nicht, ob die Schweizer Beobachter, die Sie gefragt haben, auch die New York Times oder die Financial Times lesen – ist, dass der Konflikt sich auch sehr stark im amerikanischen Markt zeigt. Dort gibt es viele Unternehmen, die ebenfalls im digitalen Umfeld tätig sind, die diese Klage über eine marktbeherrschende und marktverzerrende Position der Grossunternehmen vorbringen. Der amerikanische Kongress möchte die gleichen Gesetze erlassen. Deswegen glaube ich, dass es nicht so sehr mit Europa zu tun hat, sondern mit der schieren Grösse dieser Unternehmen, die sich – und das ist sicher richtig – in den USA entwickeln konnten. Das regulatorische Umfeld zusammen mit den Investitionsbedingungen für Startups sind dort sehr viel günstiger und das sollte uns in Europa sicher zu denken geben. Aber die Kernfragen der Regulierung sind transatlantisch abgestimmt. Vielleicht noch nicht in jedem Detail, aber es gibt eine grosse Übereinstimmung zwischen den Gesetzgebern beidseits des Atlantiks. Ich habe auch schon mit den Kollegen in den USA gesprochen. Wir wollen das gemeinsam hinbekommen, denn wir wollen nicht überregulieren. Wir möchten Fairness im Markt durchsetzen, damit auch kleine und mittlere Unternehmen, von denen es ja auch im Schweizer Markt viele gibt, eine Chance haben. Wenn sie gut sind, sollten sie sich im Markt durchsetzen können. Sie sollen nicht daran scheitern, dass die grössten Unternehmen der Welt sie über ihre Strukturen, Suchmaschinen und Verteiler benachteiligen.

Vor etwas mehr als einem Jahr, während den US-Vorwahlen zur demokratischen Präsidentschaftskandidatur, forderte die Kandidatin Elizabeth Warren, man müsse die grossen Tech-Konzerne aufbrechen. Sie seien schlicht zu gross und zu mächtig geworden. Das Aufbrechen von Konzernen bedeutet, dass Facebook zum Beispiel Whatsapp und Instagram verkaufen müsste oder dass Google das mobile Betriebssystem Android abstossen müsste. Die “Break up Big Tech” Forderung hat in der Zwischenzeit sogar noch an Fahrt aufgenommen. Im Vorschlag der EU-Kommission zum Digital Markets Act gibt es eine Bestimmung, dass Konzerne aufgebrochen werden können, wenn sie die Bestimmungen des Digital Markets Act systematisch verletzen. Wäre es anstelle dieses grossen komplexen Regelwerks nicht besser, das Problem an der Wurzel zu bekämpfen und die Digitalkonzerne direkt aufzubrechen?

Bis zum letzten Detail haben wir dieses Aufbrechen nie durchgedacht. Es hört sich im ersten Moment grossartig an, aber man muss realistischerweise auch sehen, dass wir das verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht auf Eigentum haben. Wir können mit Wirtschaftsunternehmen nicht einfach machen, was wir wollen. Diese Unternehmen haben sehr viel Geld investiert. Sie haben auch innovative Bedingungen für sich selbst entwickelt. Die Bedingungen und die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zerschlagung sind denkbar komplex. Deswegen muss der Nachweis hier sehr sehr sicher sein, dass es sich um eine unternehmerische Struktur handelt, die tatsächlich monopolistisch oligopolistisch den Nachteil anderer Marktteilnehmer bewusst herbeiführt. Das ist strukturell nicht ganz einfach nachzuweisen. Wenn es nachgewiesen werden kann, dann soll auch die Rechtsfolge der Zerschlagung weiterhin bestehen bleiben. Aber solange wir es im digitalen Markt mit Entwicklungen zu tun haben, die wir selber noch nicht vollständig überblicken, müssen wir uns mit den Möglichkeiten begnügen, die der Digital Markets Act vorsieht. Und da ist auch schon einiges drin.

Zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich letzte Woche an das Parlament gewandt. Sie beschweren sich, dass der Vorschlag der EU-Kommission die systematische Vormachtstellung der grossen Konzerne in gewisser Hinsicht sogar noch stärkt, weil er die Interoperabilität grosser Plattformen nur für Unternehmenskunden einfordert aber nicht für Endkunden. Das heisst, Unternehmen können die Plattformen einfacher für ihr eigenes Geschäft brauchen, wodurch sich die Vormachtstellung der Plattformen gegenüber der Endnutzerin, also für Internetnutzer wie Sie und mich, noch verstärken würde. Was sagen Sie zu dieser Kritik?

Die werden wir sehr genau prüfen. Die Kernüberlegungen des Wettbewerbsrechts in Deutschland, das wir in den 50er-Jahren eingeführt haben, gingen damals sehr stark gegen die Wirtschaft. Sie sind ja entstanden, weil wir in Deutschland nie mehr eine Situation in der Wirtschaft haben wollten, in der oligopolistische Strukturen dazu beitragen, politische Kräfte zu fördern, die ihnen genehm sind. Wir wollten also unsere Meinungsfreiheit, unsere Demokratie, unsere freiheitlich demokratische Gesellschaft verteidigen. Das war in den 50er-Jahren in Deutschland das zentrale Motiv und dieses wollen wir auch hier in Europa weiter als Leitmotiv erhalten und umsetzen. Dazu zählt, dass Unternehmen aber auch Bürger und Nutzer sich entsprechend einsetzen können. Ob das mit dem Digital Markets Act schon vollständig gelungen ist oder nicht, wird eine Debatte sein, der wir uns stellen müssen. Wir müssen aber auch realistisch sein. In einem globalen Markt werden wir es nicht schaffen, dass die Rechtsdurchsetzung bei jedem Bürger bleibt. Es muss Einrichtungen geben, die sich der Rechtsdurchsetzung professionell verschreiben und damit auch Bürger schützen. Aber bei schwerwiegenden Einzelfällen muss natürlich auch der einzelne Bürger und der einzelne Nutzer eine Chance haben. Daran wird auch das Parlament nicht vorbeikommen.

In Deutschland hat es gerade eine Erneuerung des Wettbewerbsgesetzes gegeben. Ist das für Sie ein Vorpreschen Deutschlands, das Ihnen in den Weg kommt, oder begrüssen Sie solche Vorstösse als Vorschläge, die den Digital Markets Act insgesamt weiterbringen werden?

Ich glaube, es bringt den Digital Markets Act weiter, wenn nicht nur der europäische Gesetzgeber darüber nachdenkt, sondern auch die nationalen Autoritäten. Das macht Europa ja stark, wir sind vereint in Vielfalt. Und wenn die Schweiz zusätzlich mit guten Vorschlägen kommt, wäre es  umso schöner. Wir können komplexe wirtschaftliche Situationen natürlich nicht wie “Deus ex Machina” lösen. Wir müssen uns überlegen, welche Funktionen staatliche Einrichtungen und Gesetze übernehmen können, um einen Markt, der sich nur in Richtung Grossunternehmen entwickelt hat, wieder zu dem zu machen, was wir eigentlich wollen: Einen Markt, in dem alle Unternehmen, die gute Ideen haben, auch gute Marktchancen haben. Und da sind alle willkommen. Bei uns wird es natürlich darum gehen, das Ganze auch mehrheitsfähig zu machen und ein Stück weit Einheitlichkeit in Europa zu schaffen. Im Kampf gegen Google wird die Schweiz nichts ausrichten, genauso wenig wie Deutschland. Wir werden es nur schaffen, wenn wir es mit 400 Millionen Bürgern zusammen versuchen und damit auch unsere regulatorische Kraft den Grossunternehmen einheitlich gegenüberstellen. Das muss das Ziel sein, weil wir mit diesem Gesetz alle Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa schützen wollen.

Diese Regulierung betrifft einen Markt mit Milliarden-schweren Interessen. Und die Vertreterinnen der grossen Tech-Firmen haben ihre Investitionen in Lobbying auch in Brüssel stark ausgebaut. Wie nehmen Sie die Lobby-Bemühungen der Tech-Industrie wahr und wie gehen Sie damit um?

Ich glaube, dass das Lobbying dieser Firmen schon 2014 weitgehend kollabiert ist. Da ist es uns gelungen – eher überraschend für viele dieser Unternehmen – im europäischen Parlament Einigkeit herzustellen, dass wir die Zerschlagung der Unternehmen als Option wollen. Deshalb bin ich da nicht besonders ängstlich. Gute Ideen sind willkommen und wenn gute Ideen von Unternehmerseite vorgebracht werden, haben wir nichts daran auszusetzen. Entscheidend wird sein, dass wir eine stabile Mehrheit im europäischen Parlament hinbekommen und dass wir eine unbürokratische aber effektive Gesetzgebung im Kampf gegen die Internetgiganten schaffen. Ich bin sehr optimistisch, dass uns das gelingt, egal wer Lobbyist ist und egal wieviel diese Unternehmen da investieren.

Kommen wir nochmals auf die USA zurück. Viele in Europa haben sich auf einen transatlantischen Neuanfang mit Präsident Joe Biden gefreut. In den letzten zwei Monaten hat die EU die neue Administration aber in der China-Politik und in der Russland-Politik vor den Kopf gestossen. Jetzt geht es hier darum, dass die EU-Institutionen sich mit den grössten amerikanischen Firmen anlegen. Wie gehen Sie mit dem geopolitischen Aspekt des Digital Markets Act um? 

Wie ich es vorhin sagte: Ich glaube, der geopolitische Aspekt ist weitgehend entfallen, weil die amerikanischen Politiker das Problem dieser Marktmacht in den vergangenen Jahren selber gesehen haben und sie selber regulieren wollen. Die Amerikaner werden das etwas anders machen als wir, aber das Kernziel bleibt dasselbe. Ich glaube, dass wir da nicht allzu viel regulatorischen Dissens haben werden. Ich erinnere mich noch, dass 2014 einige amerikanische Senatoren mit Briefen im europäischen Parlament auf sich aufmerksam machten, frei nach dem Motto: “Das geht nicht, wo kämen wir denn da hin, das haben wir ja noch nie so gemacht.” Aber heute hat es sich auch in den amerikanischen Gesetzgebungsinstitutionen herumgesprochen, dass sich der Kernpunkt, den wir damals adressiert haben, nicht wegdiskutieren lässt. Die marktbeherrschende Stellung der ganz grossen Unternehmen führt eben zu Wettbewerbsverzerrungen und auch dazu, dass sich Innovation nicht so stark und so schnell im Markt verbreitet, wie das wünschenswert wäre. Das ist unsere Überzeugung und daran halten wir fest. Wir besprechen sie auch sehr gerne mit unseren amerikanischen Kollegen, aber das bedeutet nicht, dass wir da irgendwie Rücksicht nehmen auf die Unternehmen aus Amerika. Wir wollen, dass es allen Unternehmen in Europa gut geht, egal ob sie gross oder klein sind. Und wenn sich kleine amerikanische Unternehmen bei uns in Europa beklagen, dass die Marktbeherrschung durch grosse amerikanische Unternehmen zu stark ist, dann ist es ein Punkt, der also sowohl amerikanisch als auch europäisch ist. Deswegen werden wir ihre Interessen genauso berücksichtigen wie die Interessen der deutschen, schweizerischen und europäischen Unternehmen.

Wie geht es nun weiter mit dem Digital Markets Act? Wie lange dauert es, bis die Regulierung zustande kommt?

Ich schätze, dass wir bis Weihnachten zu einer Abstimmung kommen können. Ich glaube, dass wir einige Monate brauchen, um in Ruhe zu diskutieren. Wir werden viele Interessensvertreter einladen: Bürger, Nutzer, Unternehmen aus allen Sektoren. Natürlich werden wir auch mit den betroffenen Unternehmen selber sprechen. Am Ende ist das ein Gesetz, das sich nur darauf konzentriert, die schiere Grösse dieser Unternehmen als Regelungsgegenstand in den Fokus zu nehmen. Es wird immer noch viele weitere Fragen geben, die diese Unternehmen betreffen, die gar nichts mit diesem Gesetz zu tun haben. Deshalb wird der Vereinheitlichungsfaktor des Gesetzes nicht so gross sein, wie wir uns das ursprünglich gewünscht haben. Es geht hier nur um eine für den Binnenmarkt gefährliche Grösse bestimmter Unternehmen, die damit verbunden ist, dass sie Daten durch Lock-in- und Netzwerk-Effekte so stark konzentrieren, dass weitere Unternehmen kaum mehr eine Chance haben, in diesem Markt mitzuspielen. Und das ist nicht unsere Vorstellung einer fairen Wirtschaft, einer gerechten Welt. Deshalb werden wir hier etwas tun.

Vielen Dank, Andreas Schwab, dass Sie sich Zeit genommen haben.

Gerne! Machen Sie es gut!